Schleppschute


Erbauer: Gerhard Wicke


Bau des Schleppkahns „Dollmann“ in 1:30

Nachdem der Schleppdampfer „Pfeil“ fertiggestellt war, sollte er auch etwas zum Ziehen haben. Was lag nun näher als der Gedanke, doch wenigstens einen der vier Schleppkähne nachzubauen.

Da auch hier leider keine Pläne zu bekommen waren, und ich lediglich im Besitz eines Fotos bin, musste der Schleppkahn komplett von mir konstruiert werden.


Vorbild
Beim Vorbild handelt es sich um einen sogenannten „Kaffenkahn“ mit Kastenaufbau. Diese Art war in der Regel einfach gebaut, hatten keinen Steven, sondern an den Schiffsenden hochgezogene Bodenplatten, an die seitlich Platten befestigt waren. Das so entstandene Schiffsende, die sogenannte Kaffe, gab dem Kahn schließlich den Namen. Die seitliche Bordwand hat keine Lehnung, steht also senkrecht. Der Aufbau war kastenförmig und erhielt eine Wellblechabdeckung um das Ladegut zu schützen. Der flache Schiffskörper mit seinen ansteigenden Enden rutschte leichter über Hindernisse als Stevenkähne.
Mit einem großen Balance-Wipp-Ruder (Hackebeil) am Heck wurde der Kahn gesteuert. Die Ruderlänge ist bedingt durch den geringen Fahrzeugtiefgang und die Strömungsverhältnisse in Fließgewässern. Der Rudergänger stand auf einer Laufplanke mit Stemmleisten, die von Bord zu Bord verlief.


Etwas Geschichtliches
Die insgesamt vier Schleppkähne „Dollmann"", „Hespers“, „Langen“ und „Scipio“ wurden für den Transport der Einzelteile des Dampfers „Hermann von Wissmann“ über den Sambesi / Shire bis zum Nyassa-See eigens dafür gebaut. Zu diesem Zwecke wurden die Kähne so hergestellt, dass sie schon bei einem Tiefgang von 0,60 m bereits Ladung von 25 t aufnehmen können. Um die Ladung vor der Witterung und vor Spritzwasser zu schützen, wurden die Kähne im ganzen Mittelschiff auf 12 m Länge mit einem abnehmbaren Wellblechdach wasserdicht abgedeckt. Um die Boote um die Shirefälle herum zu bringen, wurden sie nicht vernietet, sondern unter Benutzung von Gummidichtung verschraubt. Die Zuverlässigkeit dieser Dichtung und die Tragfähigkeit der Boote wurden durch Versuche mit einem fertigen Boot auf der Mosel bei der Werft von Schaubach & Krämer in Koblenz-Lützel, welche mit dem Bau der 4 Boote beauftragt denselben bedingungsgemäß und in bester Weise ausgeführt hatten, vor der Abnahme der Boote geprüft worden.


Baubeginn:
Nachdem die Risse gezeichnet waren, konnten die Mallen aus 4,00 mm Pappelsperrholz wie immer kopfüber ausgerichtet werden. Der Mittelsektor wurde separat gebaut und verbindet später die beiden Enden.

Für die Beplankung wurde 1,00 mm Flugzeugsperrholz genommen. Für die beiden Kaffen entstanden zuvor aber erst Pappschablonen. Nach diesen wurden sie mit Flugzeugsperrholz beplankt. Für den Übergang und verkleben zum Mittelsektor wurden die Platten auf 0,5 mm mittels Kreissäge in ihrer Dicke halbiert.



Scheuerleisten
Die im Foto vorhandenen Scheuerleisten an den Übergängen der einzelnen Plattengänge vom Boden und den Seiten wurden mit 2,0 mm Ms-Draht nachempfunden und in passende Nuten geklebt.
Nachdem die Scheuerleisten mit Sekundenkleber befestigt waren, wurden sie noch einmal mit Harz gesichert.
Auf der Oberkante der Bordwand wurde geschlitztes 2,0 x 1,3 mm Kupferrohr verwendet, welches selbst herzustellen war. Um ein Verdrehen des Rohres zu verhindern, wurde ein Spaltkeil - wie bei einer Kreissäge - nach der Trennscheibe montiert.



Kastenaufbau:
Nachdem nunmehr der Rumpfbau als solcher geschlossen war, konnte mit dem Kastenaufbau begonnen werden. Wie bereits schon geschrieben, war dieser mit abnehmbaren Wellblechen abgedeckt.
Die Führungsschienen bestehen aus übereinander geklebten 0,6 x 6,0 mm und 0,6 x 3,0 mm Flugzeugsperrholzstreifen und können die Wellbleche paarweise aufnehmen.




Erste Probefahrt
Bald fand die erste Probefahrt des „Dollmann“ im Ika-See statt. Beladen mit rund 450 Gramm Blei wurde er an den Schlepper „Pfeil“ angehängt und gezogen. Klappte wirklich gut, man darf lediglich nicht zu enge Kurven fahren. Der „Pfeil“ hatte keine allzu große Mühe den Schleppkahn zu ziehen. Ein vorsichtiges abstoppen ist ratsam, damit der Kahn nicht hinten drauf fährt, so wie es auch in Wirklichkeit passiert war. Das montierte Balance-Wipp-Ruder mit seiner Befestigung bewährte sich hervorragend.
Jetzt konnte es mit vollem Elan weitergehen.



Wellblechabdeckung
Das Wellblech besteht aus Polystyrol, hat einen Wellenabstand von 2,0 mm und eine Dicke von nur 0,5 mm. Gebogen wurde es über Schablonen und dabei ganz vorsichtig erwärmt um es in Form zu bringen. Bei der Probemontage musste ich leider feststellen, dass sie doch nicht so ihre Form behielten wie ich es mir vorgestellt hatte. Deshalb wurden sie zur Stabilität auf 0,4 mm Sperrholzplatten geleimt, die über Formstücke ihre Rundung behielten.


Fertigstellung
Natürlich durfte die Besatzung und Rudergänger nicht fehlen. Wie diese früher ausgesehen haben ist auf dem Foto sehr gut zu erkennen.
Nachdem nunmehr alles an Bord war, konnte die letzte Trimmung in der Badewanne erfolgen. Bleiplatten wurden entsprechend im Rumpf verteilt bis er schön eintaucht.
Da es auf dem Vorderdeck noch so leer aussah kamen noch zwei Besatzungsmitglieder an Bord.



Ergänzung
Nachdem nunmehr der Schleppkahn „Dollmann“ fertiggestellt war und der Öffentlichkeit präsentiert werden konnte, bedauerten einige Modellbaufreunde, dass leider sämtliche Ladeluken geschlossen sind. Es wäre doch sicherlich noch interessanter, wenn etwas Ladegut sichtbar wäre. Das würde dem Modell noch zusätzlich ein gewisses Extra geben.

Also entschloss ich mich dies nachzuholen.



Fazit
Der Nachbau des als „einfach“ nachzubauenden Schleppkahns gestaltete sich doch wesentlich schwieriger als erwartet. Nicht, dass ich drei Rümpfe machen musste, sondern das ganze Vorbild hatte es in sich. Das ist eben das Los, ohne Pläne ein Modell nachzubauen. Einziger Vorteil, es wurde keine Technik gebraucht.

Ich glaube, jetzt gönne ich mir mal eine nervliche und schöpferische Pause.


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